GUINEA - BISSAU GUINEA - CONAKRY
Der Schlagbaum an der Grenze ist der Hit, ein Bindfaden, an dem ein paar alte Lappen hängen. Trotzdem
ließ man den Bindfaden mit einer dienstlichen Miene herab, sodass wir, die einzigen Touristen, Einlass
bekamen. Die üblichen Formalitäten; auf dem Tisch beim Zoll lag eine Kladde, in der jeder ausländische
Tourist eingetragen wird. Immerhin ...12 Touristen in vier Monaten. Unsere Anspannung, geschürt durch
die wildesten Gerüchte über die beiden Länder, wich sehr schnell, da alle Grenzer sehr nett und super
freundlich waren. Ein kurzer Blick in unser Auto, wohl eher aus Neugierde und schwups... waren wir fertig
für die Einreise. Natürlich stieg jetzt wieder die Spannung, sollten doch die Polizisten mehr als korrupt
sein. Die erste Kontrolle... der Polizist, kurz vor der Pension stehend, gab uns wertvolle Tipps und
Ratschläge; von Kontrolle keine Spur.
So ging es eigentlich weiter, wir wollen nicht jede Kontrolle aufzählen, aber insgesamt waren sie alle
harmlos, selten verlangte man unsere Papiere und wenn sie Jürgen in ein Gespräch verwickeln wollte, kam
er mit seiner „Doofstellnummer“! „Nix verstehen, nix francais, nix englisch, alleman!“ Als ein Polizist
nach Sardinen fragte, bekam er einen Kugelschreiber. Großes Gelächter und schon winkte er uns durch.
Auch weibliche Polizisten kamen zum Einsatz. Sie quälten sich aus ihren Stühlen, die am Straßenrand
standen, hoch, zeterten ein wenig und gingen dann afrikanischen Schrittes, langsam schlürfend, wieder zu
ihrem Platz zurück. Der einzige Polizist der unseren KFZ Schein haben wollte, konnte nicht lesen, hielt
den Schein auf den Kopf und befand ihn für gut. Na denn, bei so viel intelligenten Beamten kann uns ja
nichts passieren.
Ansonsten war der erste Eindruck nicht schlecht. Die Straßen sind passabel, die Menschen schüchtern,
zurückhaltend und winkten uns zaghaft zu und wir haben das Gefühl, sie sind sehr, sehr zufrieden. Autos
sind eher rar; man bewegt sich zu Fuß, mit dem Eselskarren, mit dem Fahrrad oder evtl. mit dem Moped
vorwärts; somit ist von einem hohen Verkehrsaufkommen keine Spur. Sehr angenehm!!!
Die Landschaft zeigte sich mit tropischer Vegetation und üppig grün. Links und rechts der Straße sehen wir
riesige Reis- und Hirsefelder, in denen Frauen harte Arbeit leisten, sie stehen ständig im Sumpf, um der
Ernte nachzugehen. Nicht gerade gesund!! Hier müssen wir anmerken, dass die Menschen hier eine
Lebenserwartung zwischen 42 und 45 Jahren haben. Das finden wir schon bitter. Eigentlich werden sie
dann mitten aus dem Leben gerissen und die Kinder verlieren früh ihre Eltern. Traurig, traurig!!!
Am ersten Tag fanden wir erst gegen 21 Uhr einen geeigneten Stellplatz auf einem abgeernteten Feld, mit
Erlaubnis des Bauern. Die Feldarbeiter zuckeln noch mit ihrem Holzwägelchen an uns vorbei und nun
können wir die Idylle und den schönen Sternenhimmel genießen.
Doch plötzlich schießt ein wilder Hund heran und beißt sich bei Blacky fest, lässt ihn erst nach einem
Fußtritt von Micka los und trollt sich dann johlend davon. Blacky trägt mehrere Bißwunden und eine
leichte Verstauchung an der linken, hinteren Pfote davon. Er wird natürlich von uns verarztet, das Fell
ausgeschnitten und die Wunden desinfiziert. Trotzdem leckt er noch Tage später seine Wunden und wird an
den Kampf erinnert.
Guinea Bissau und auch Guinea zeigen sich völlig ohne touristische Infrastruktur, keine Campingplätze,
keine Supermärkte, keine Touristeninfos, keinen Strom, kein Internetcafé, keine Wasserversorgung am
Haus etc. Und wir... als einzige Touristen im Land!! Die Einheimischen sind meist sehr erstaunt, uns als
Fremde/ Weiße in ihrem Land zu sehen, kommen hier doch eher selten die Touristen vorbei.
Einen geeigneten Schlafplatz zu finden ist jeden Tag sehr mühsam, denn das afrikanische Buschland ist bis
an die Straßen gewachsen, Wege gehen nur in Form von Trampelpfaden ab, für unseren LKW natürlich
wesentlich zu eng. Aber, dank unserer Spürnasen, sehen wir immer passable Stellplätze und können darauf
wetten, dass innerhalb der kommenden 10 Minuten eine Ansammlung von Menschen (Kinder und auch
Erwachsene) an unserem Lager steht oder auch sitzt und ... gafft. Sie gaffen einfach nur.
Kinder ziehen ihre selbst gebastelten Autos, in Form einer Fischdose, als Räder kleine Milchdsen dran,
hinter sich her. Oder sie rollen Auto- oder Fahrradreifen und haben ihren Spaß dabei. Wir zuckeln weiter
und sehen hunderte von versteinerten Termitenhügeln auf den Feldern stehen. Und immer wieder lodern
Buschfeuer rechts und links der Straße, um Bäume wieder zum Austreiben zu bringen. Hierdurch werden
natürlich auch die anderen zarten oder auch größere Pflanzen und Bäume vernichtet, aber dieses
interessiert hier kaum Jemanden.
Auf geht’s, auf die Strecke von Koundara nach Labe, 252 km laut Karte. Laut Karte soll dieses eine
Panorama - Urwaldpiste sein, sie entwickelt sich aber als knallharte, staubige Piste, die durchfurcht ist und
ein zügiges Vorankommen unmöglich macht. Wir zuckeln mit 15 km/h dahin und sehen immer wieder in
den Rückspiegeln, wie sich der Koffer verschränkt und nicht mehr mit dem Führerhaus eine Linie bildet.
Plötzlich sehen wir auf dieser schmalen Piste einen umgekippten LKW, dessen Ladung, tausende von
kleinen, ca. 2€ großen Mentholdöschen, sich am Berghang breitmacht.
Fünf junge Männer sind bereits dabei, die Kartons und auch die einzelnen Döschen einzusammeln und
ordentlich am Straßenrand aufzustapeln. Der Fahrer ist fertig mit den Nerven, weiß er doch, dass hier keine
schnelle Hilfe kommen und es ziemlich schwierig wird, den LKW auf dieser engen Piste aufzurichten. Wir
spenden den Jungs Trost, hinterlassen Wasser und Knabberzeug und quälen uns weiter über die
Urwaldpiste, auf der wir uns krampfhaft festhalten müssen, damit wir uns nicht den Kopf aufschlagen.
Bei einem entgegenkommenden LKW steigt Petra aus, das wird ihr zu eng in der Kabine und sie möchte
nicht dabei sein, wenn unser Maggi die Böschung runterrutscht. Es passt kein Blatt mehr zwischen die
beiden Fahrzeuge, so eng fahren sie aneinander vorbei. Der Atem stockt und beide Fahrer sind sichtlich
erleichtert als sie unbeschadet davongekommen sind.
Am nächsten Tag, natürlich immer noch auf dieser Piste, hält uns ein Fahrzeug der Christlichen Mission an
und bittet um Hilfe. Wir nehmen den Wagen an den Haken, doch es ist fast aussichtslos auf dieser Strecke
jemanden abzuschleppen, somit nehmen wir Pastor Jonathan mit, damit er im nächsten Ort technische
Hilfe holen kann. Plötzlich ein lautes Gehupe, der Wagen der Christlichen Mission hatte sich wieder
zurecht gerüttelt und lief einigermaßen, so dass die Besatzung aus eigener Kraft zum nächsten Örtchen
kommen konnte.
Zwischendurch sehen wir immer wieder Magirus Lkws in orange, die hier als Baufahrzeuge funktionieren,
natürlich schlagen uns deren Fahrer häufig einen Tausch vor, aber nein... von unserem Maggi trennen wir
uns nicht. Endlich angekommen in Labe, vier Tage später..., 252 km Urwaldpiste hinter uns, der Wagen
innen und außen mit rotem Staub überzogen, der in Verbindung mit Feuchtigkeit hart wie Lehm wird und
auch wir sehen aus wie Schmuddelkinder. Die Haare stehen uns zu Berge, sie kleben, wie auch die
Klamotten an unseren Körpern. Alles was wir anfassen, alle was wir aufmachen.... überall eine rote
Staubschicht, die uns noch wochenlang an die Urwaldpiste erinnern soll!!!
Der einzige „Supermarkt“, in einer Tankstelle, wird trotz extrem hoher Preise geplündert und wir genießen
das erste eiskalte Bier seit Tagen. Welch ein Genuss!! Beim Verladen der eingekauften Sachen tritt Jürgen
in ein 1 m³ großes Loch und liegt auf dem Rücken wie ein Maikäfer. Der Rücken schmerzt gewaltig, wird
von Schwester Rabiata mit Salbe versorgt und auch gymnastische Übungen sollen zur Linderung der
Beschwerden beitragen.
Micka lässt seinen VW Bulli durchchecken, der seit der komischen Piste die verschiedensten Geräusche
macht und Jürgen nutzt die Zeit, um endlich mal wieder zum Friseur zu gehen. Rein in die Bude am
Straßenrand und nach einer Viertelstunde um einen Euro und fast seinen gesamten Haarschopf leichter,
wieder raus. Ein dementsprechendes Bild möchten wir hier aus persönlichen Gründen nicht
veröffentlichen.
An der Grenze zu Guinea Conakry wartet Jürgen wie immer am Wagen, während Petra sich mit den
Formalitäten auseinandersetzt. Er nutzt die Zeit für einige Turnübungen, erntet von den herumstehenden
Zöllnern Mitleid und wird darauf hingewiesen, dass es in der 100 km entfernten Hauptstadt Conakry einen
Arzt gibt.
Guinea Conakry zeigt sich uns auch grün mit vielen Bäumen, an den Straßenrändern weite Felder mit
afrikanischer Savanne und Bergen. Wir fahren eine Panoramastraße entlang und werden für die letzten
Tage auf der Piste entschädigt. Am Obststand, der erste und einzige seit Tagen, wittern die Marktfrauen ein
gutes Geschäft und feilschen was das Zeug hält. Jede quatscht auf uns ein, bietet ihre Ware feil und wir
kosten auch von unbekannten Obst- und Gemüsesorten. Hmm, lecker!!
Die Dörfer sind hier noch sehr, sehr ursprünglich, die Rundhütten mit ihren Strohdächern strahlen
Gemütlichkeit aus, weichen aber hin und wieder auch schon gemauerten Wänden. Abends wird draußen
ein Feuer angezündet, auf dem das Essen gekocht wird, kein Strom, kein Fernseher, kein Internet. Wir
merken es den Leuten an, sie freuen sich über Kontakte und sitzen viel gemeinsam beieinander. Die Frauen
sind den ganzen Tag mit harter Arbeit beschäftigt, wie z.B. Hirse stampfen, Wäsche waschen, Holz
sammeln, Kindererziehung oder das Verkaufen ihrer Ware auf den Märkten. Was machen denn hier
eigentlich die Männer??
Unsere Reise führt uns von Labe aus über Mamou, Dabola, nach Kankan. Hier wollen wir noch einmal
Dollar eintauschen und unseren Haushalt aufforsten. Wieder einmal wird Micka von der Polizei
angehalten, die sich alle, aber auch alle Papiere zeigen und ihn nach gut einer halben Stunde wilder
Diskutiererei ohne Schmiergeld fahren ließ.
In einer Bank herrschte dermaßen Betrieb (Monatsende), dass Petra gleich Reißaus nahm, wurde aber von
einem jungen Mann angesprochen, der sie zur Wechselstube begleiten wollte. Er fuhr mit seinem Moped
vorweg, wir hinterher. Petra und er verschwinden um die Hausecke. Oh man, oh man, welche eine
Spielunke. Berge von Geldscheinen gehen über den Tisch, es wird gezählt, gerechnet und hin- und
hergeschoben. Auch Goldstaub wird hier gewogen, an- und verkauft. Jürgen bekommt es im Wagen mit der
Angst zu tun, dass seiner Petra etwas zugestoßen sein könnte und folgt den Beiden in die „Räuberhöhle“
und traut seinen Augen nicht. Menschen über Menschen, alles nur Männer und mittendrin Petra, die
konzentriert ihren Kurs aushandelt und angestrengt die Geldscheine zählt. 1€ sind gleich 5500 Guinea
Franc. Mit einem dicken Bündel Geldscheinen, der nicht in das Portemonnaie passt, verlassen Petra und
Jürgen die Spielhölle.
Der einzige Supermarkt des Ortes entpuppte sich als verstaubter, dreckiger Laden, indem nur
Toilettenpapier gekauft wurde. Bloß weg hier aus diesem Nest!! Auf einer perfekt geteerten Straße, die
sogar Fahrbahnmarkierungen und Randstreifen für Fahrradfahrer, Eselskarren und Fußgänger, sowie
Haltebuchten an den Dörfern hat (hier kommt bestimmt mal eine Bushaltestelle hin) und natürlich mit
europäischen Geldern gesponsert wurde, geht es über Siguiri zum kleinen, gemütlichen Grenzort
Kouremale in Mali.
Im Nachhinein sind wir sehr froh darüber, diese beiden Länder, trotz anfänglicher erheblicher Bedenken,
bereist zu haben. Wir haben bislang nirgendwo in Westafrika so freundliche, zurückhaltende Menschen
getroffen, die nicht einmal nach einem Geschenk fragten, bettelten oder Bakschisch haben wollten (die
große Ausnahme stellt der Polizist in Kankan dar)!!! Die Länder zeigen sich afrikanisch ursprünglich mit
einer faszinierenden Natur, unberührt von Touristen!!